Unter diesem Titel fordert ein Leserbrief in der Zuger Zeitung vom 13. April die Abschaffung von Voliere und Rehgehege in Zug da nicht mehr zeitgemäss. Die Möwe Jonathan des Schriftstellers R. Bach mit ihrem unbändigen Freiheitsdurst dient zur Motivation.
So sympathisch Jonathan ist: Er ist ein vom Mensch her gedachtes Wesen. Uns gefällt die Idee des freien Fliegens - inclusive Sturzflügen und Wettflügen. Der Vogel fliegt normalerweise weil er muss : für Revier, Beute und Partner. Aber es ist durchaus richtig gedacht: Einen frei fliegenden Wildvogel, insbesondere eine Möwe oder einen Segler, einzusperren, kommt niemandem in den Sinn.
Die Volieren in Zug sind nicht für Jonathan sondern um den Besuchern auf der Flaniermeile in Zug ein kleines Fenster in die reichhaltige Vogelwelt zu öffnen. Dass unser Angebot speziell bei Familien mit Kindern ankommt, kann praktisch täglich beobachtet werden und auch die immer gut gefüllten Kässeli für freiwillige Spenden legen dafür Zeugnis ab.
Dass es neben den bei uns im Freien dominierenden Krähen in der Familie der Rabenvögel auch anderes gibt, zeigen die Blauraben, die Schildraben und die einheimischen, aber stark gefährdeten Alpenkrähen. Ebenso dass es neben den allgegenwärtigen, lästigen Strassentauben wunderbare Tauben gibt wie die Wongatauben oder die Gelbbrusterdtauben - und das erkennt der Betrachter ganz ohne erhobenen Zeigefinger.
Daneben hat der Waldrapp sein Gehege - ihn gäbe es ohne Volieren in Europa gar nicht mehr. Auf die Bestände dieser Volieren sind die zaghaften Versuche zur Wiederauswilderung angewiesen.
Die Volieren in Zug sind auch (noch) nicht für die Kiebitze mit ihren fantastischen Balzflügen und den Kampfflügen zur Abwehr der Fressfeinde ihrer Kücken. Bis vor wenigen Jahren konnte man sie noch beim Choller bewundern. Doch alle paar Stunden eine Hundeschnauze schnuppernd am Nest und die schiere Masse der lauernden Rabenkrähen liessen sie sehr selten werden. Vielleicht müssen wir ein paar Kiebitze doch in die Obhut der Volieren nehmen, damit unsere Kinder sie kennenlernen können (in Basel ist dies schon geschehen).
"Freiheit für die Vögel" kann leicht abrutschen zu "Aus den Augen aus dem Sinn" oder gar zu "Vögel vor die Hunde"!
Die neue Zeit erfordert, Altes und Überholtes loszulassen, sagte sich vor 50 Jahren die Schifffahrtsgesellschaft des Vierwaldstättersees und beschloss, die Dampfschiffe auszurangieren. Glücklicherweise folgten dem ein paar Ewiggestrige nicht. Das wird heute auch von der SGV als nachhaltige Pionierarbeit gefeiert. Seien wir mit dem Etikett "nicht zeitgemäss" daher etwas vorsichtig.
Benedikt Steinle, Vizepräsident OVZ